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Das Medienhaus Laumanns

Gestern, heute, morgen: Wir nehmen Sie zum Jubiläum mit auf eine spannende Reise durch die Verlagsgeschichte, die Abteilungen unseres Hauses und das Leben im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung.

Theo Fromme und Bernhard Bartscher

„Es macht Spaß, Tradition und Brauchtum weiterzugeben“

 

Theo Fromme (69) und Bernhard Bartscher (73) schlüpfen für Rüthen und Lippstadt in Gewänder - als Haarmännchen und Graf Bernhard.

 

Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an Heimat denken?

Bernhard Bartscher: Heimat. Ich habe in meinem Leben schon viele außereuropäische Städte gesehen. Ich denke immer wieder daran, dass ich dort eigentlich gar nicht leben möchte – in diesem Rummel. Wenn ich dann an meine Heimatstadt Lippstadt denke, in der ich auch geboren wurde, denke ich: Das ist meine Heimat. „Hier bin ich geboren, hier werd ich begraben“: Die Liedzeile von Peter Fox trifft’s. Es ist wunderbar in Lippstadt zu leben.

 Theo Fromme: Heimat ist das, wo man sich wohlfühlt.  Wo man aufgewachsen ist als Kind. Und ich denke Heimat oder Heimatgefühl kann man nicht verallgemeinern. Jeder fühlt sich woanders zu Hause. Der Seebär ist auf den sieben Weltmeeren zu Hause, der Trucker ist auf den Autobahnen zu Hause. Das Heimatgefühl, die Heimat, ist so individuell wie die Menschen selbst. Heimat ist da, wo ich mich wohlfühle, wo ich einen sicheren Arbeitsplatz habe, wo ich mit meiner Familie lebe und wenn wir früher meine Eltern besucht haben und sie gefragt haben, wie es ihnen geht, dann sagten die immer: „Wir sind zufrieden.“ Diese Zufriedenheit ist dass, was Heimat mit ausdrückt.

 

Was macht Heimat zu Ihrer Heimat? Was brauchen Sie persönlich, um sich heimisch zu fühlen?

Theo Fromme: Das ist schwer zu sagen (lacht). Diese Frage kann ich pauschal nicht beantworten. Zur Heimat gehört sicherlich ein angenehmes Wohnumfeld, Freunde, Bekannte und auch die Gesundheit gehört mit dazu. Heimat ist ein Ort, an dem ich gesund leben kann. Ich könnte mir nie vorstellen, in der Großstadt zu leben.

 Bernhard Bartscher: Die Großstädte dieser Welt – da würde ich nie leben wollen. So etwas gibt es hier nicht. Wenn ich sehe, wie Lippstadt sich in 73 Jahren gemacht hat: Alle Achtung. Ich ziehe immer den Hut vor den Menschen, die in die Stadt investiert haben. Das ist einfach Heimat. Ich fühle mich hier einfach wohl. Ich könnte mir mein Leben nirgendwo anders vorstellen.

 

Sie repräsentieren Ihre Heimat als Haarmännchen und Graf Bernhard: Wie kam es dazu?

Theo Fromme: Eigentlich bin ich dazu gekommen, wie die Jungfrau zum Kinde. Ich mache seit 2003 Stadtführungen. Und im Zug des Internationalen Westfälischen Hansetages in Lippstadt haben wir mit den Stadtführern zusammengesessen. Unser ehemaliger Stadtarchivar Friedhelm Sommer und die Marketing-Beauftragten waren sich einig, für Lippstadt sollte es etwas Besonderes sein. So wurde die Idee geboren, das Haarmännchen aufleben zu lassen.

 

 Das gab es bislang noch nicht?

Theo Fromme: Nein. Einige Lehrer und Oberstudiendirektoren diskutierten gleich darüber, was das Haarmännchen anhaben, sagen und wie es aussehen sollte. Wir hatte aber keinen, der es machen wollte. Es wurde diskutiert und diskutiert. Ich wollte Europapokal gucken. Also habe ich entschieden: Ich mach’s. Dann habe ich mir die Gewandung besorgt. Am 1. Mai 2007 hatte ich meinen ersten öffentlichen Auftritt in Rüthen und drei Wochen später ging’s zum Hansetag nach Lippstadt.

 

Haben Sie damit gerechnet, dass weitere Auftritte folgen?

Theo Fromme: Das hat sich dann irgendwie ergeben.

Bernhard Bartscher: Weil’s einfach Spaß macht.

 

 Wie sind Sie denn zu Ihrem Amt gekommen?

Bernhard Bartscher: Ich weiß es noch ganz genau. Am 18. Dezember 2010.  Da wurde in Lippstadt das Teilstück von der Stirper Straße zum Konrad-Adenauer-Ring eingeweiht. Es lag ein bisschen Schnee. Ich war gerade in Altersteilzeit. Da sagt mein Nachbar: „Du Bernhard, da steht für dich eine Annonce in der Zeitung. Da solltest du dich bewerben. Die suchen einen Graf Bernhard. Das ist doch was für dich. Du bist in Lippstadt geboren und heißt Bernhard.“ Der damalige Bürgermeister Christof Sommer meinte nur: „Mach mal.“ Dann habe ich mich beworben. Übrigens: Es hatten sich noch vier weitere beworben, deren Namen ich bis heute aber nicht kenne. Am 7. Februar 2011 bin ich Graf geworden.

Theo Fromme: Heinz Vollmer hat bei einer Regionaltagung der Nachtwächtergilde in Lippstadt das Amt an Bernhard übergeben. Da saßen da zwei Graf Bernhards. Seitdem ist Bernhard dabei und wir sind gute Freunde geworden.

 

Verstehen Sie sich als Heimatbotschafter?

Theo Fromme: Ja. Viele Menschen verbinden unsere Figuren mit unseren Städten.


Was reizt Sie daran, Symbolfigur zu sein?

Bernhard Bartscher: Das repräsentieren. Wir machen Werbung und wollen die Geschichte aufarbeiten. Wenn da jemand kommt: „Karneval ist schon vorbei, Ritter Kunibert.“ Dann erkläre ich ihm erstmal die Geschichte. Dann verstehen sie es sofort.

Theo Fromme: Das Haarmännchen ist eine Sagenfigur. Das ist natürlich ganz etwas anderes. Ich habe ein bisschen Narrenfreiheit beim Geschichtenerzählen – zum Beispiel bei Stadtführungen. Ich erzähle Geschichten zur Geschichte der Stadt. Die Geschichte der Stadt Rüthen umfasst 1200 Seiten und wiegt 2,5 Kilo ­– ich kann nicht alles auswendig.

 

Was ist denn Ihre Lieblingsgeschichte vom Haarmännchen?

Theo Fromme: Es gibt viele, viele Geschichten. Das Haarmännchen konnte sich verwandeln. Als Esel hat es einem armen Weber, der seine Familie während der Pest verloren hat, geholfen, das Brennholz vor dem Schließen der Tore in die Stadt zu bringen. Es hat auch einen Schatz vergraben. Aber den habe ich bis heute nicht gefunden. Für die neue Wärmepumpe muss die Volksbank einspringen (lacht).

 

Was bedeutet es für Sie, Tradition und Geschichte weiterzugeben?

Theo Fromme: Das ist ganz wichtig. Das geht bei vielen jungen Leuten verloren. Sie daddeln nur noch rum. Sich mit Geschichte zu befassen, auch in den Schulen, das ist nicht mehr wie früher. Bei uns gab es noch Heimatkunde. Es macht Spaß, Tradition und Brauchtum weiterzugeben.

 

Sie sind im In- und Ausland unterwegs: Erinnern Sie sich doch einmal an Ihr liebstes Erlebnis.

Bernhard Bartscher: Vor ein paar Jahren waren wir in Russland, haben St. Petersburg besichtigt. Das war natürlich schon ein Knaller. Aber eigentlich sind es alles tolle Erlebnisse.

Theo Fromme: Das bleibende Erlebnis war für mich der Westfälische Hansetag 2013 in Rüthen. Selbst Gastgeber zu sein, die Stadtstürmung. Da sind wir ein bisschen mehr Familie geworden. Wir kennen uns, sind herzlich zueinander.


Wie lange möchten Sie noch in Ihre Gewänder schlüpfen?

Theo Fromme: Es macht noch Spaß. Aber wir denken langsam daran, aufzuhören. Aber ich muss bis zur 825-Jahr-Feier der Stadt Rüthen durchhalten. Das packe ich noch.

Bernhard Bartscher: 2024 würde ich gerne noch Ende Juni den Westfälischen Hansetag in Beckum und den Internationalen Hansetag in Danzig mitnehmen. Dann höre ich auf. Ich habe es auch schon angekündigt. Dann müssen wir nur noch sehen, dass wir einen passenden Nachfolger finden.

 

Was muss der Graf-Bernhard-Nachfolger denn mitbringen?

Bernhard Bartscher: Zeit. Und er muss sich in die Geschichte des Bernhards einlesen.

 

Abschließend: Wo ist Ihr absoluter Lieblingsplatz in Ihrer Heimat?

Theo Fromme: (ohne zu zögern) Das Bibertal in Rüthen. Nach Möglichkeit bin ich dort drei- bis viermal in der Woche. Es ist ein Erlebnis. Letztes Jahr im Herbst, wir hatten den Wind im Gesicht, kommt acht bis zehn Meter vor uns eine Hirschkuh aus dem Gebüsch. Sie guckt, wir gucken. Und schwupp war sie wieder weg. Jetzt gehen wir immer die Hirschkuh besuchen.

Bernhard Bartscher: Ich gehe natürlich gerne durch den Grünen Winkel. Dort ist es ruhig, da kann man toll entspannen. Am liebsten bin ich aber in meinem Garten. Da kann ich abschalten. In Lippstadt gibt es aber überall tolle Orte.