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Die Geschichte des Verlagshauses

Von Andreas Balzer

Die Vorgeschichte: Der Patriot ist nicht die erste Lippstädter Zeitung, und auch nicht die erste, die revolutionären Geist atmet. 1710 kommen die „Wochentlichen Post-Zeitungen“ auf den Markt, die sich zu einer der meistgelesenen Zeitungen Westfalens mausern. Ende des Jahrhunderts macht der Redakteur der „Lippstädtischen Zeitung“, wie das Blatt inzwischen heißt, keinen Hehl aus seiner Sympathie für die Ideale der Französischen Revolution. Doch die verschärften Zensurbestimmungen unter der französischen Besatzungsmacht machen den politischen Zeitungen in Westfalen den Garaus. 1832 löst das „Wochenblatt für den Kreis Lippstadt“ die „Lippstädtische Zeitung“ ab. Das erscheint zwar im selben Verlag, ist aber von politischer Aufmüpfigkeit weit entfernt.

Hauptquelle: Sabine Bock: 150 Jahre Der Patriot. Geschichte einer Zeitung. Lippstädter Spuren Band 13. Lippstadt 1998

März 1848

Auf Druck der Bevölkerung fallen die strengen preußischen Zensurgesetze. Die allgemeine Aufbruchsstimmung beflügelt auch den jungen Journalisten Carl Weinert, Mitarbeiter der „Vossischen Zeitung“ in Berlin. Wenig später kehrt er in seine Heimatstadt Lippstadt zurück, um seine eigene Zeitung zu gründen.

7. Oktober 1848

Die erste Patriot-Ausgabe erscheint. „Um den bereits von vielen Seiten laut gewordenen Wünschen entgegen zu kommen, beabsichtigt Unterzeichneter, ein zweimal wöchentlich in dem Formate dieses Prospectus erscheinendes Blatt, in welchem die neuesten politischen Begebenheiten in gedrängter und kurzer, aber klarer Uebersicht gegeben sind, seinen Lesern zu überreichen“, verkündet der frischgebackene Verleger Carl Weinert.

Ab 1850

Mit massiven Repressionen will der preußische Staat die entfesselte Presse wieder unter Kontrolle bringen. Carl Weinert hält dagegen: „Entgegengesetzte Meinungen reiben sich gegenseitig und erzeugen Leben im Staate; gänzliche Apathie und Gleichgültigkeit ist politischer Tod“, schreibt er 1855. Der Patriot gehört in Westfalen zu den wenigen Neugründungen, die die staatliche Schikane überleben.

14. Juli 1866

Der aufreibende Kampf um sein Lebenswerk fordert von dem Verleger seinen Tribut. Carl Weinert stirbt mit 47 Jahren an „Geisteszerrüttung“. Gegen alle Widerstände gelingt es der 29-jährigen Witwe Caroline Weinert, das Unternehmen am Leben zu erhalten.

Ab 1869

Der 23-jährige Schriftsetzer Carl Josef Laumanns befindet sich 1869 auf der Durchreise, als er hört, dass beim Patriot ein Redakteur gesucht wird. Im selben Jahr heiratet er Caroline Weinert. Der erzkatholische neue Verleger krempelt das vorher in religiöser Hinsicht betont tolerante Blatt gehörig um und steigt voll in den beginnenden Kulturkampf ein. Zur politischen Heimat wird die 1870 gegründete Deutsche Zentrumspartei. Wirtschaftlich bringt der keine Auseinandersetzung scheuende neue Chef das Blatt auf Erfolgskurs.

1904

Das bisher dreimal pro Woche erscheinende Blatt wird zur vollwertigen Tageszeitung mit sechs Ausgaben. Der Verleger hat sich bereits aus der Redaktion zurückgezogen, ein Jahr später überträgt er die Verantwortung für das gesamte Unternehmen seinem jüngsten Sohn Carl, der den Patriot technisch umfassend modernisiert.

1914 bis 1918

Der Erste Weltkrieg ist auch für die Zeitung ein großer Einschnitt. Mitteilungen der Obersten Heeresleitung, Frontberichte und Landkarten mit den neuesten Kampflinien prägen das Blatt. Auf den anfänglichen Hurra-Patriotismus der Zeitung folgt bald Ernüchterung. In den letzten Kriegsmonaten sieht sich der Patriot nur noch als Chronist und als Verwalter der Not.

Ab 1918

Der Patriot braucht etwas, um sich nach dem Ende des Kaiserreiches zurechtzufinden. Bei aller Kritik an den Regierenden war er den Hohenzollern immer uneingeschränkt treu. Jetzt regieren die Sozial- demokraten – und damit erklärte politische Gegner. Doch lange hält die Phase der Desorientierung nicht an. Der Patriot macht bald wieder Wahlkampf für das Zentrum und liefert sich publizistische Scharmützel mit der Linken.

21. November 1923

Die teuerste Patriot-Ausgaben aller Zeiten kostet irrwitzige 50 Milliarden Reichsmark. Eine Folge der völlig außer Kontrolle geratenen Hyperinflation, die nicht nur für die Zeitung existenzbedrohend ist.

1924

Um sich den wirtschaftlichen Herausforderungen der Zeit zu stellen, gründen fünf ostwestfälische Lokalblätter unter der Leitung von Carl Laumanns die Westfälische Zeitungs-Verlagsgesellschaft (WZV), um einen gemeinsamen überregionalen Teil zu produzieren.

1933 bis 1945

Der zentrumsnahe Patriot macht aus seiner ablehnenden Haltung dem „Dritten Reich“ gegenüber keinen Hehl. Angesichts der immer massiver werdenden Repressionen lässt sich das jedoch nicht lange durchhalten, der Patriot verwandelt sich – wie alle Zeitungen in Deutschland – in ein gleichgeschaltetes Propagandablatt. Unter dem Druck der Nazis muss sich Carl Laumanns aus Redaktion und Verlagsleitung zurückziehen. Sein Nachfolger wird Sohn Friedrich Karl, dem jedoch jede Mitarbeit in der Redaktion verboten wird. Das Kriegsende bedeutet auch das Aus für alle bis dahin erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften.

21. September 1949

Mit der von den Alliierten erteilten „Generallizenz“ kehrt der Patriot auf den Zeitungsmarkt zurück. Carl Laumanns entschließt sich zur Kooperation mit der ebenfalls christdemokratisch geprägten „Westfalenpost“ (WP), an die er das Recht zur Herausgabe des Patriot verpachtet. Die Lippstädter Verleger bestimmen jedoch weiterhin die Gestaltung des Lokalteils. Die Redakteure sind Angestellte der „WP“.

1. Januar 1970

Der Patriot erscheint wieder als eigenständige Zeitung, mit den Verlegern Reinhard Laumanns und Dr. Michael Laumanns an der Spitze. Die „WP“ ist weiterhin für den überregionalen Mantelteil und den Druck verantwortlich.

1973

Das Lippstädter Verlagshaus übernimmt die Geseker Zeitung. Die war 1892 von Leo Flamm gegründet worden und hatte zwischenzeitlich mit der „Bürener Zeitung“ auch noch einen Ableger in der Nachbarstadt. Der Tradition verpflichtet, erscheint die Geseker Patriot-Ausgabe bis heute unter dem althergebrachten Namen.

1975

„Westfalenpost“ ade: Der Patriot findet in den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ einen neuen Partner, der die überregionale Berichterstattung beisteuert.

1978

Lokaljournalismus muss immer nah am Geschehen sein. Dem trägt die Gründung einer Außenredaktion in Rüthen Rechnung. Die dortige Lokalausgabe trägt inzwischen auch den Untertitel „Rüthener Volksblatt“.

1984

Aufbruchstimmung beim Patriot. Im Gewerbegebiet am Wasserturm wird das neue Verlagshaus bezogen, in das der größte Teil der Redaktion, Anzeigenabteilung, Verwaltung, Technik und Vertrieb übersiedeln. Die Lippstadt-Redaktion zieht dagegen vom alten Verlagssitz in der Kolpingstraße in die Marktstraße um.

1987

Ein weiter Wechsel bei der überregionalen Berichterstattung: Neuer Partner ist der „Westfälische Anzeiger“ in Hamm, der bis heute den Patriot-Mantel produziert. Auch auf lokaler Ebene gibt es intensive Kooperationen mit den benachbarten Lokalausgaben. Mit dem „Soester Anzeiger und dem „Warsteiner Anzeiger“ werden regelmäßig einzelne Artikel und ganze Seiten getauscht.

1993

Dr. Reinhard Laumanns (junior) tritt als Verleger die Nachfolge seines Vaters Reinhard Laumanns (senior) an. Sein Augenmerk liegt in den folgenden Jahren auf der technischen Weiterentwicklung des Medienhauses.

1997

Das traditionelle Printmedium öffnet sich der digitalen Welt. Zunächst noch zaghaft, mit einzelnen Artikeln, die online gestellt werden. Nach mehreren Relaunches des Internetportals gibt es heute längst ein vollwertiges Digitalangebot, zu dem seit 2010 auch ein E-Paper gehört.

2001

Eigene Lokalseiten für Erwitte und Anröchte gibt es schon lange, jetzt werden sie auch direkt vor Ort produziert. Am Hellweg entsteht eine neue Außenredaktion samt Geschäftsstelle.

2004

Christoph Barnstorf-Laumanns wird neben seinem Onkel Dr. Michael Laumanns und dessen Cousin Dr. Reinhard Laumanns dritter Verleger und Herausgeber des Patriot. Seit 2014 ist er alleiniger Geschäftsführer. Die anderen beiden Verleger gehören aber weiter zur Verlagsleitung.

2006

Ende Oktober 2006 erscheint der erste „Blicker“. Das redaktionell betreute Stadtmagazin des Patriot widmet sich sowohl Lippstädter Szenethemen als auch vernachlässigten Kapiteln der Stadtgeschichte.

2007

Bleiwüste – nein danke! Die klassische Printzeitung ist im Laufe der Zeit immer mehr auch zu einem visuellen Medium geworden. Grisselige Schwarz-Weiß-Bilder will keiner mehr sehen. Seit Mitte des Jahres wird der Patriot durchgehend in Farbe gedruckt.

Heute

Das konservative katholische Kampfblatt alter Zeiten ist längst Vergangenheit, von ideologischen Grabenkämpfen ist der Patriot 2023 weit entfernt. Die Redaktion genießt große Unabhängigkeit und legt viel Wert auf einen weltoffenen, modernen Journalismus. Geblieben ist die tiefe Verwurzelung der Zeitung in der demokratischen Tradition und die Bereitschaft, sich, wann immer es nötig ist, mit den „Mächtigen“ anzulegen.