175 Jahre – 175 Tweets

Zeitgeschichte in 175 mal 140 Zeichen

Von Christoph Motog


Was hat die Menschen aus Lippstadt und Umgebung im Laufe der 175-jährigen Patriot-Geschichte  aufgeregt und beunruhigt, was hat sie erstaunt, geschockt und erfreut? Zur Antwort gibt es einen aufschlussreichen Streifzug durch die Jahre von 1848 bis 2022. Heißt: Die Redaktion hat sämtliche zurückliegenden Patriot-Jahrgänge auf zeittypische Inhalte durchforstet. Herausgekommen ist ein Reigen, der sämtlichen Generationen von Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute den Spiegel vorhält, und zwar mit ausgewählten Schlaglichtern. Mal geht es um die Tücken neuer Technik, mal um Geldprobleme. Sitten und Unsitten kommen ebenso zur Sprache wie Unglücke, Verbrechen, Fehlgriffe, Feste und Feiern. Jedes einzelne Jahr wird nach Art des Online-Netzwerks Twitter abgehandelt – mit einem Tweet in der klassischen Länge von maximal 140 Zeichen. Die Chronik ist eine wahre Fundgrube.


Aufgrund ihrer Länge sei jedoch empfohlen, sie nicht in einem Rutsch, sondern in Etappen zu genießen.


1848@Der Patriot

Guter Rat an Auswärtige, weil es überall im Land gefährlich zugeht: Kommt nach Lippstadt! Hier lebt ihr sicherer, gesünder und billiger.


1849@Der Patriot

Erwitte will sein Gericht im Ort behalten und unterstellt Intrigen: Versuchen die Lippstädter sich das Kreisgericht mit Lügen zu ermogeln?


1850@Der Patriot

Schnäppchenchance: Nach der Pleite der Lippstädter Tabakfabrik Broux werden im Gasthof Bonsel 277 Zigarrenkisten versteigert.


1851@Der Patriot

Psychisch kranke Frau hinterm Gitter des Lippstädter Knasts wird von Passanten verhöhnt. Das ist ein Skandal, meint ein Zeitungsleser.


1852@Der Patriot

Der gefährliche Lippstädter Räuber Joseph E. feilt im Kerker seine eisernen Ringe durch und türmt in stürmischer Nacht.


1853@Der Patriot

Bei der Grundsteinlegung des Lippstädter Kreisgerichts heißt es: Hier soll die Rachegöttin walten. „Sünder entgehen ihr nicht.“


1854@Der Patriot

Verheerendes Feuer in der Lippstädter Poststation Köppelmann: Acht Kutschpferde ersticken im Stall an der Poststraße.


1855@Der Patriot

Die wegen Unsittlichkeit vorbestrafte „schöne Therese“ aus LP muss 5 Jahre in Haft: Sie war Gehilfin und Geliebte des Kirchendiebs F.


1856@Der Patriot

Amtliche Warnung aus aktuellem Anlass: Wer öffentlich nackt badet, wird mit Gefängnis von drei Monaten bis zu drei Jahren bestraft.


1857@Der Patriot

Lippstadts Bürgermeister warnt alle Gastwirte: Wer in seinem Lokal Gäste um Geld zocken lässt, verliert seine Konzession.


1858@Der Patriot

Kommentar angesichts einer Solderhöhung: Soldaten sollten sich nun einen Korn mehr gönnen. Zumal: „Geld verloren, nichts verloren.“


1859@Der Patriot

Wegen zu vieler Proteste: Aus dem dringlichen Aufbau eines Landstraßennetzes im Kreis Lippstadt droht vorläufig nichts zu werden.


1860@Der Patriot

Schützenfest-Zank um ein Eikeloher Mädchen: Eifersüchtiger Dachdecker attackiert Kollegen und zerschmettert dessen Schienbein.


1861@Der Patriot

Überfall auf Hoinkhausens Pfarrer: Drei Raubmörder setzen ihm zuhause die Pistole auf die Brust. Beute: 22 Taler und eine goldene Uhr.


1862@Der Patriot

Nachtwächter-Getute und Feuerglocke schrecken Lippstadt am 18. Dezember auf. Zum Glück ist der Brand in der Marktstraße bald gelöscht.


1863@Der Patriot

Lippstädter Zigarrenmacher eskalieren: Einer beißt dem anderen das Oberglied des rechten Daumens ab – und schluckt es offenbar runter.


1864@Der Patriot

Laut Todesanzeige ist Otto G. (25) im deutsch-dänischen Krieg gefallen. Vier Tage später der frohe Widerruf: Otto ist nur leicht verwundet.


1865@Der Patriot

Die Zeitung weist den Einsender eines Schmähgedichts ab: „Wenn Sie es veröffentlicht haben wollten, dann stecken Sie es sich an ihren Hut.“


1866@Der Patriot

Säufer infizieren sich schneller mit Cholera, so der Amtsarzt. Aber: Trinker H. überführt alle Cholera-Toten zum Grab. Er bleibt gesund.


1867@Der Patriot

Preußens König passiert im Juni Lippstadts Bahnhof. Die Stadtprominenz steht Spalier. Alle glauben an einen Halt. Doch der Zug rast durch.


1868@Der Patriot

Lumpensammler Sch. bummelt mit seinem Hampelmann singend durch Lippstadt – stundenlang. Der gehört doch eingesperrt, sagen viele.


1869@Der Patriot

Erwittes Marktplatz ist für den Hammelmarkt viel zu klein. Anwohner kommen nicht in ihre Häuser. Und danach stinkt es zwei Wochen.


1870@Der Patriot

„Für gute Erfrischung ist bestens gesorgt“: Hotelier Bührnheim eröffnet die „mit lauschigen Grotten“ bestückte Gartenwirtschaft Tivoli.


1871@Der Patriot

Westfalens berüchtigster Räuber H. endlich gefasst: Der Schwerbewaffnete wird in Altengeseke von einem todesmutigen Wirt überwältigt.


1872@Der Patriot

Die Brauerei Weissenburg steht im Januar in Flammen. Die Löscharbeiten laufen gut, bis die Helfer zu einem Bier nach dem anderen greifen.


1873@Der Patriot

Warnung an die „heißblütigen Damenschnüffler“: Sie sollten ihren ausgestreuten Unflat wieder einsammeln.  Sonst erfolgt Anzeige.


1874@Der Patriot

Weil nachts in Lippstadt Hunde frei herumlaufen, gibt die Polizei eine Warnung ab: Die Beamten haben das Recht, die Tiere zu erschießen.


1875@Der Patriot

Ein in Soest nächtigender Lippstädter wird vom Hotelier wegen Lärms verwarnt und dann unvermittelt erschossen. Der Täter flüchtet.


1876@Der Patriot

Blutige Lippstädter Glaubenskonflikte: Junger Altkatholik verliert Auge, als er von papsttreuen Katholiken per Messer attackiert wird.


1877@Der Patriot

Mysteriös: Lippstädterin sagt, sie werde von einem Gespensterhund heimgesucht. Hierauf bittet sie einen Priester, ihr Haus einzusegnen.


1878@Der Patriot

Toben der Elemente: Am 26. August ist in Lippstadt ein Erdstoß zu spüren – dann führt Starkregen zur Überflutung mehrerer Straßen.


1879@Der Patriot

Man munkelt, dass es in Lippstädter Tanzlokalen erst ab der Sperrstunde abgeht. Vor allem Soldaten toben sich gern zur Unzeit aus.


1880@Der Patriot

Wo bissige Hunde frei rumlaufen, brauchen Briefträger gemäß einer neuen Verfügung keine Post mehr zustellen.


1881@Der Patriot

Majestätische Geste: Kaiserin Augusta lässt dem Lippstädter Ehepaar Lorenz zur Goldhochzeit eine Bibel mit Goldschnitt überreichen.


1882@Der Patriot

Wegelagerer setzen einem Fuhrmann bei Cappel den Dolch auf die Brust. Am Ende schlägt der Angegriffene die Räuber in die Flucht.


1883@Der Patriot

Selbstverstümmelung aus Heimweh: Kurz vor Weihnachten schlägt sich ein in Lippstadt stationierter Rekrut mit dem Beil einen Finger ab.


1884@Der Patriot

Besorgniserregend: Das Wasser aus den meisten Lippstädter Brunnen ist gesundheitsgefährdend. Also: Her mit einer Wasserleitung!


1885@Der Patriot

Auffallend viele plötzliche Todesfälle in Lippstadt zu Weihnachten: Acht Fälle werden gezählt, „davon einer in Folge des Trunkes“.


1886@Der Patriot

In Lippstadt artet die Unsitte aus, zum Neujahrsfest böse Briefe mit schlechten Wünschen zu verschicken. Natürlich anonym.


1887@Der Patriot

Lippstadts Katholiken feiern des Papstes Priesterjubiläum – und wie. Doch das dicke Ende folgt: Unbekannte zerstören die Papstbüste.


1888@Der Patriot

Lippstadts Kaufleute warnen vorm Erlernen kaufmännischer Berufe: Viele junge Leute seien zu unbegabt, unmotiviert – und unvermögend.


1889@Der Patriot

Ein Urteil lässt aufhorchen: Wer über die Sperrstunde hinaus Gäste bewirtet, fördert Völlerei. Das ist strafbar. Konzessionsentzug droht.


1890@Der Patriot

Appell an die Lippstädter: Kauft die Freimarken für Neujahrsbriefe nicht erst Silvester, wenn die Postämter sowieso schon überfüllt sind.


1891@Der Patriot

Die Polizei wird angewiesen, von Zeit zu Zeit das Spülwasser in den Gaststätten zu untersuchen. Ist es zu dreckig, setzt es Strafen.


1892@Der Patriot

Ein Kutschpferd geht durch und stürmt ins Schaufenster der Lippstädter Firma Happe. Dasselbe ist dort schon dreimal passiert.


1893@Der Patriot

Endlich dürfen auch in Lippstadt die Läden sonntags öffnen, jedenfalls außerhalb der Gottesdienstzeiten.


1894@Der Patriot

Falsche Taler mit der Jahreszahl 1862 sind in Lippstadt im Umlauf. Die Münzen sind nur durch den Klang von echten zu unterscheiden.


1895@Der Patriot

Aus aktuellem Anlass: Klos dürfen in Lippstadt nur von 23 Uhr nachts bis 4 Uhr morgens gereinigt werden. Verstöße werden streng geahndet.


1896@Der Patriot

Immer diese bösen Neujahrsstreiche: Diesmal wurden einem Tagelöhner am Soesttor seine Ferkel in die Umflut geworfen.


1897@Der Patriot

Lippstadts Schüler ächzen: Die neuen Rechtschreibregeln verwirren. Warum bleibt das ansonsten überflüssige h in Worten wie Thron stehen?


1898@Der Patriot

27 Jahre nach seiner Kriegsverletzung lässt sich ein Bökenförder endlich ein im Arm steckengebliebenes Uniformstück entfernen.


1899@Der Patriot

Darf ein Fußgänger den Bürgersteig nutzen, wenn er sein Fahrrad an der Hand führt? Das Strafgericht urteilt: Nein!


1900@Der Patriot

Für den von seiner Ziege verzehrten Hundertmarkschein ist dem Steinhausener Maurermeister F. aus Berlin schnell Ersatz zugestellt worden.


1901@Der Patriot

Laut Polizei-Verordnung müssen Radler künftig bei jeder Fahrt eine polizeilich ausgestellte Radfahrerkarte mit sich führen.


1902@Der Patriot

Viele Bauern und Händler glauben, sie müssten verdorbene Eier nicht zurücknehmen. Irrtum! Wer faule Eier verkauft, macht sich strafbar.


1903@Der Patriot

Warnung: Leipziger Buchhandlung bewirbt in Anröchte abergläubische und unsittliche Bücher. Diese sind „für Katholiken streng verboten“.


1904@Der Patriot

Weihnachtsüberraschung für die Arbeiter der Brauerei Weissenburg: Sie erhalten für alle drei Christtage Lohn – aber in doppelter Höhe.


1905@Der Patriot

2000 Lippstädter Schüler feiern Schillers 100. Todestag mit Speis, Trank und dem Einpflanzen einer Gedenklinde vor der Jakobikirche.


1906@Der Patriot

Aus Furcht vor Schlägen, die ihm sein Lehrer morgens angekündigt hatte, erhängt sich ein Lippstädter Schüler in der Mittagspause.


1907@Der Patriot

Service für Nutzer der Flussbadeanstalt: Ab Mitte Juni veröffentlicht der Patriot täglich die Wassertemperatur der Lippe.


1908@Der Patriot

Der Lippstädter Polizeihund Draga macht wiederholt Schlagzeilen. Dank seiner Nase werden Wilderer, Diebe und andere Ganoven überführt.


1909@Der Patriot

Weil viele Lippstädter weder Wanne noch Dusche besitzen, wird der Bau eines Brausebads gefordert. „Zu teuer!“, erwidert der Bürgermeister.


1910@Der Patriot

Das Lippstädter Bankhaus R. bricht im Frühjahr zusammen: Der Bankier muss wegen wiederholten Betruges fast drei Jahre ins Gefängnis.


1911@Der Patriot

In einer Lippstädter Metzgerei stößt die Polizei auf lauter von Maden befallene Würste. Der Besitzer kommt mit einer Geldstrafe davon.


1912@Der Patriot

Kommentar: „Die Beamten sind jetzt viel freundlicher als früher. Wo aber noch Besserung nötig ist, muss kräftig durchgegriffen werden.“


1913@Der Patriot

Stephan Humanns Versuch, mit einem selbstgebauten Flugapparat abzuheben, scheitert kläglich. Doch der Westenholzer bleibt unvergesslich.


1914@Der Patriot

Die zwölfjährige Erika Buddeberg wird am 2. August bei Paderborn erschossen. Hurra-Patrioten hatten im Auto russische Agenten vermutet.


1915@Der Patriot

Ein Gauner erbittet von Altenmellricher Bauern „billige Kartoffeln für Lazarette“. Er verhökert sie teuer weiter, bis er auffliegt.


1916@Der Patriot

Lippstadts Bier wird immer dünner und bitterer. Grund: Den Brauereien fehlt es im Krieg an Gerste. Hopfen gibt’s dagegen im Überfluss.


1917@Der Patriot

Das wöchentliche Brotquantum liegt in Lippstadt bei 1000 Gramm pro Person. Weil Arbeitern mehr zusteht, nicht aber Handwerkern, gibts Zoff.


1918@Der Patriot

Überall sind Hamsterer am Werk. Am Bahnhof Benninghausen werden Apfeldiebe erwischt. Im Sauerland fallen der Axt halbe Wälder zum Opfer.


1919@Der Patriot

Wilhelm Funke flieht aus französischer Gefangenschaft. Auf dem langen Marsch nach Lippstadt wird er fast getötet, doch Ende gut, alles gut.


1920@Der Patriot

Trotz des Nachkriegselends begrüßen die Lippstädter die Zwanziger krachend: mit vielen illegal gehorteten Schusswaffen.


1921@Der Patriot

Eine neue Unsitte greift auch in Lippstadt um sich: Junge Frauen haben keine Scham davor, zusammen mit Männern im Boker Kanal zu baden.


1922@Der Patriot

Wer nach 9 Uhr abends telefonieren möchte, hat oft eine tote Leitung. Der Nachtdienst der Vermittlungsstelle fällt wiederholt aus.


1923@Der Patriot

Unter aller Sau: Hohe Preise auf Lippstädter Viehmarkt lösen Tumulte aus. Nach dem Raub von elf Schweinen kommt es zu zwei Festnahmen.


1924@Der Patriot

Gasdiebstahl: In Lippstadt werden zunehmend Leitungen illegal angezapft. Wer erwischt wird, muss ins Kittchen.


1925@Der Patriot

Ein unter Mitwirkung eines Hellsehers beim Mastholter Jakobimarkt ertappter Einbrecher wird zu vier Monaten Arrest verknackt.


1926@Der Patriot

Zur Herbstwochen-Premiere stehen Pendlern nicht nur Züge und Omnibusse zur Verfügung. Ab 21.30 Uhr starten am Rathaus Pferdekutschen.


1927@Der Patriot

In der Wilhelmschule werden Trophäen des Großwildjägers Mattenklodt ausgestellt, darunter ein angeblicher „Menschenfresser-Löwe“.


1928@Der Patriot

Das Blut einer bei Störmede ermordeten 16-Jährigen „schrie nach Rache“, sagt der Richter. Also verurteilt er einen der Angeklagten zum Tode.


1929@Der Patriot

Der Aufstieg eines Freiballons lockt Tausende zum Lippstädter Gaswerk. Viele sparen sich den Eintritt und mogeln sich aufs Startgelände.


1930@Der Patriot

Lippstadts Polizei kontrolliert das Einhalten der Sperrstunde streng, obwohl breite Kreise der Bevölkerung ihre Abschaffung fordern.


1931@Der Patriot

Bei der sogenannten „Schlacht am Tannenbaum“ in Lipperode verletzen Kommunisten zwei Nationalsozialisten schwer.


1932@Der Patriot

Jeder vierte Lippstädter benötigt staatliche Stütze. Im Herbst belagern 400 Arbeitslose den Stadtrat, um Steuererhöhungen zu vereiteln.


1933@Der Patriot

Kaum jemand winkt Hitler am 12. Januar bei seiner Durchquerung Lippstadts zu. Am Ziel in Lipperode bejubeln ihn jedoch 5.000 Anhänger.


1934@Der Patriot

Offiziell dient das „Fichten“-Arbeitsdienstlager der „deutschen Brotfreiheit“. In Wahrheit wollen die Nazis dort die Jugend manipulieren.


1935@Der Patriot

Im April brennt Schloss Schwarzenraben ab. Schuld daran ist nicht die Blaue Dame. Ursache war ein vergessenes Bügeleisen.


1936@Der Patriot

Nicht nur beim Herbstwochen-Viehmarkt gilt: „Juden und Zigeuner unerwünscht.“ Die anderen sehen die „Stadt im Zauberglanz des Lichtes“.


1937@Der Patriot

Dass Juden genötigt werden, ihr Haus zu verscherbeln, lassen kleine Meldungen erahnen. Im Herbst trifft es die Geseker Witwe Cohn.


1938@Der Patriot

„Die hiesige Synagoge ging in Flammen auf …“: Knappe sieben Zeitungszeilen lassen das Geschehen der Pogromnacht in Lippstadt nur erahnen.


1939@Der Patriot

Spendenaufruf kurz nach Kriegsausbruch: „Sichert die Freiheit der Nation! Lippstädter, jetzt müssen die Vorgartengitter dran!“


1940@Der Patriot

Krieg ist Thema Nr. 1, aber es gibt Ablenkung. In Benninghausen öffnet ein neues Freibad. Grund: damit keiner mehr in die Lippe hüpft.


1941@Der Patriot

Wer seine Ration Schweineschmalz nicht erhalten hat, dessen Reichsfettkarte bleibt länger gültig, teilt Lippstadts Ernährungsamt mit.


1942@Der Patriot

Salzheringe werden im August an die Lippstädter verteilt. Davon ausgeschlossen sind Polen, Juden. Zivilrussen und Kriegsgefangene.


1943@Der Patriot

Tausende Ausländer schuften im Krieg zwangsweise in Lippstadt. „Geselliger oder intimer Verkehr“ mit Einheimischen ist ihnen verboten.


1944@Der Patriot

Durchhalteparole der linientreuen Heimatpoetin Elly Wagner: „Schenk unserm Volk die große Stunde, die ihm für alles Schwere zahlt.“


1945@Der Patriot

Als die US-Armee Lippstadt befreit, sitzt im ersten Panzer ein ortskundiger GI: Der Jude Werner Ostheimer war 1937 aus Lippstadt emigriert.


1946@Der Patriot

Ruchlose Frau macht Anröchtern für Geld weis, sie bringe Grüße von deren in Russland vermissten Söhnen. Bald fliegt der Betrug auf.


1947@Der Patriot

Ein als „Sadist von Benninghausen“ berüchtigt gewesener KZ-Wachmann wird zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt.


1948@Der Patriot

Alkoholisches ist unerschwinglich. Also: Schwarzbrennen auf dem Dachboden. Aus Milchkannen werden Kleindestillen – für Rübenschnaps.


1949@Der Patriot

Karl Künstles Eltern erfuhren 1943: Ihr Sohn ist gefallen. Nun aber kehrt der Totgeglaubte aus Kriegsgefangenschaft nach Lippstadt zurück.


1950@Der Patriot

Die Südertor-Schranken sind täglich sieben Stunden lang unten. Fast jede Schließung des Bahnübergangs führt zum Verkehrsstau.


1951@Der Patriot

Mutter zahlte keinen Unterhalt für ihr uneheliches Kind im Lippstädter Waisenhaus. Sie wird zu zwei Monaten Haft verurteilt.


1952@Der Patriot

Milchpfützen wegen vieler Schlaglöcher: Beim Befahren der Goethestraße kippen einem genervten Milchmann immer wieder gefüllte Kannen um.


1953@Der Patriot

Als „Kriegsblinder“ mit Stock und Blindenhund bezieht ein Rüthener jahrelang Rente und Beihilfen – bis er als Simulant entlarvt wird.


1954@Der Patriot

20.000 Kreditsuchende gehen einem Erwitter Betrüger auf den Leim. Viele andere können Kredite nicht rückzahlen – und werden obdachlos.


1955@Der Patriot

1876 geborener Rüthener wird zum 31. Mal eingelocht. Der auch im Alter noch kriminelle Herr war in Summe schon 35 Jahre hinter Gittern.


1956@Der Patriot

Nach elf Jahren russischer Kriegsgefangenschaft darf Helmut Klockow nach Lippstadt zurück. Hier sieht er zum ersten Mal seinen Sohn.


1957@Der Patriot

Die 17-köpfige „Pantherbande“ aus Lippstadt/Geseke fliegt auf und wird angeklagt. Aufnahmebedingung war: viele Mercedessterne abtreten.


1958@Der Patriot

Britische Soldaten erwischen jugendliche Diebe. Zur Strafe werden die Täter in den Lippstädter Churchill Baracks militärisch gedrillt.


1959@Der Patriot

Kaum ist Frühling, schon wird auf Lippstadts Straßen Federball gespielt. „Die Fahrbahn ist aber kein Spielplatz“, wettert die Polizei.


1960@Der Patriot

Vor der Herbstwochen-Lampionfahrt werden im Grünen Winkel 10.000 Kerzen entzündet. Als es dann losgeht, brennt keine einzige mehr. Regen!


1961@Der Patriot

Braunbärin Troxi bekommt im Lippstädter Tiergarten wieder Junge. Erstgeborener Berolinus war 1960 ausgebüxt und im Wald erlegt worden.


1962@Der Patriot

Ertappter Lippstädter Betrüger setzt sich vorm Prozess in die DDR ab, wird aber zurückgeschickt: Ohne Familie gibt’s kein Bleiberecht.


1963@Der Patriot

Der Abriss des Lippstädter Museums stand 1956 bevor. Engagierte Bürger hielten erfolgreich dagegen. Nun ist das Gebäude fertig renoviert.


1964@Der Patriot

LP-Frust: Frau will Zebrastreifen überqueren, aber kein Auto mit LP-Zeichen hält. Erst der 21. Wagen stoppt: Er trägt das Zeichen SO.


1965@Der Patriot

Kanzler Ludwig Erhardt fährt beim Grasbahn-Motorradrennen am Kranenkasper vor 15.000 Menschen eine Ehrenrunde – allerdings im 600er-Benz.


1966@Der Patriot

Ab in den Süden: Mit Sonderzügen kehren zahllose Lippstädter „Gastarbeiter“ zu Weihachten heim nach Spanien, Italien und Griechenland.


1967@Der Patriot

„Endlich ist der Schuppen weg“: Viele Lippstädter begrüßen den Fachwerkbahnhof-Abriss. Doch der mickrige Neubau schockiert danach alle.


1968@Der Patriot

„Isch möschte hier Schinken essen“, sagt der Herbstwochen-Schirmherr aus Paris. „Aber mit Korn“, rät man ihm. „Das werde isch be’erzigen.“


1969@Der Patriot

Ein Lippstädter Prediger wütet: Der Film „Technik der körperlichen Liebe“ im Apollo sei „ein Beschuss mit scheußlichen Perversitäten“.


1970@Der Patriot

Panzertouren für Kinder gibts zur Herbstwoche in der Briten-Kaserne. Zudem ist eine 1855 im Krimkrieg eingesetzte Kanone zu sehen.


1971@Der Patriot

„Im Süden pufft die Lok, im Norden lockt der Puff?“ In Lippstadt herrscht Aufruhr über die Pläne für ein Bordell.


1972@Der Patriot

Von elf Monaten Wehrdienst leistet ein Drückeberger insgesamt nur 17 Tage in der Lipperland-Kaserne ab. Urteil: acht Monate Haft.


1973@Der Patriot

Kein Erstligist will in Lippstadt kicken. So begnügt man sich mit einer Ex-Größe, die in der Regionalliga vor sich hindümpelt: BVB.


1974@Der Patriot

„Paradiesische Spielwiese mit Weltstadtangebot“: So wird Lippstadts Fußgängerzone angepriesen. Zudem ist hier „die Welt noch grün“.


1975@Der Patriot

449 Tage: Den längsten Firmenstreik in der Geschichte der BRD lösen Entlassungen im Erwitter Zementwerk Seibel und Söhne aus.


1976@Der Patriot

Heino lästert im Stadttheater: Wegen der Einbahnstraßen verfahre man sich in Lippstadt so heftig, dass bald nachgetankt werden muss.


1977@Der Patriot

„Die Roten, die Roten, das sind die Idioten.“: Beim ersten Ortsderby nach Jahren rasten Teutonenfans nach dem 2:1 gegen Borussia aus.


1978@Der Patriot

„Das ist eine Feindzentrale“: Stasi-Chef Mielke ätzt gegen den Lippstädter Verein „Hilferufe von drüben“, der Ausreisewilligen beisteht.


1979@Der Patriot

Denkmalsturz: Kurz nach der Abiturverleihung zerstören Unbekannte das Denkmal des ersten Lippstädter Gymnasialdirektors Julius Ostendorf.


1980@Der Patriot

CSU-Kanzlerkandidat Franz Josef Strauß bestellt 15.000 Zuhörern auf Lippstadts Rathausplatz „Grüße von Ihrem Landsmann Kalla Rummenigge“.


1981@Der Patriot

Kommentar gegen „Ortsteil-Arroganz“: Die Kernstadt dürfe sich nicht mehr von Walibo die Show stehlen lassen. Also her mit „Bad Lippstadt“.


1982@Der Patriot

„Der Wasserturm wird abgerissen.“ So lautet ein Beschluss des Lippstädter Planungsausschusses. Eine Renovierung sei unmöglich, heißt es.


1983@Der Patriot

Trotz Badeverbots gehts am Albers zu wie in Rimini. Die Seeuferstraße wird total zugeparkt. PS: Am Baggersee gibts keine Mülleimer und Klos.


1984@Der Patriot

„Stoppt die Mode-Droge Video“: Cappeler Bürger sammeln Unterschriften gegen die „jugendgefährdende Verbreitung von Brutalität und Schund“.


1985@Der Patriot

Denkmalschützer: „Qualm schützt Rokoko-Saal“. Dank Rauchern sind Stuck und Malereien im Haus Köppelmann mit einer Schutzschicht überzogen.


1986@Der Patriot

Leserbrief-Tadel: Der am historischen Amtsgerichtsbau prangende Name „City-Center“ sei ein fremdsprachlicher Stilbruch. „Bitte umbenennen!“


1987@Der Patriot

Ruhestörung? Völlinghauser beschwert sich wegen Milchkannen-Geklapper. So einer „sollte nicht aufs Dorf ziehen“, kontert der Landwirt.


1988@Der Patriot

„So nicht“: Lippstadts Woldemei-Sanierung sei ein abschreckendes Beispiel für alle künftigen Pläne, stänkert Stadtplaner Professor Zlonicky.


1989@Der Patriot

Lippstädter Reichsbürger: Der „Minister“ Johannes Seiger will seinen „Freistaat Sealand“ (eine Ex-Seefestung) zur Wirtschaftsmacht machen.


1990@Der Patriot

Kurz vor ihrem Durchbruch spielt die Kelly Family beim Altstadtfest. Und: Alle zwölf Kellys übernachten in einem leerstehenden Rathaus-Raum.


1991@Der Patriot

Herbstwochen-Wucher: Beim Münchener Oktoberfest kostet die Maß 9,50 Mark. Im Bayernzelt am Tivoli aber 10 Mark. „Das kann nicht sein.“


1992@Der Patriot

Strippenzieher-Statistik: Rowdys haben im abgelaufenen Jahr 83 Telefonzellen im Kreis Soest lahmgelegt. Sieben davon wurden gar angezündet.


1993@Der Patriot

Polit-Dino Genscher grinst schelmisch: „Schon viele Karnevalsorden wurden mir verliehen. Doch sehnlichst hoffte ich auf einen aus Lippstadt.“


1994@Der Patriot

Erlaubt war da nur 60: Erwitter Motorradfahrer rast so schnell über die B55, dass die bis Tempo 240 ausgelegte Radarfalle versagt.


1995@Der Patriot

„Wir sind keine Raubritter“: Stadt Lippstadt verteidigt strenge Knöllchenpraxis. Indes kassieren falsche Beamte Radler auf dem Friedhof ab.


1996@Der Patriot

Auch der Bundespräsident ist baff: Lippstädter Händler darf italienische Fahne nicht vorm Laden aufhängen. Dagegen klagt er – mit Erfolg.


1997@Der Patriot

Kurvenraser: 27-Jährige wird an der Brüderstraße angefahren und verliert beide Beine. Daraufhin wird dort ein Starenkasten installiert.


1998@Der Patriot

Die Leute des Lippstädter Ordnungsamts lernen das Gruseln, ihnen bleibt die Luft weg: 2000 Ratten tummeln sich in einem Reihenhaus.


1999@Der Patriot

Krachend ins neue Jahrtausend: Noch nie häuften die Lippstädter so viele Raketen an. 175.000 Mark werden verballert – 2,50 Mark pro Person.


2000@Der Patriot

„Lippstadt bleibt Heimat der Bundeswehr“: Das schreibt ein zuständiger Staatssekretär der Stadt ins Goldene Buch. Wer’s glaubt.


2001@Der Patriot

Ein Flieger der Linie City Air wird in Ahden auf „Graf Bernhard“ getauft. Des Grafens Flug-Ära währt aber nur bis 2004 – wegen Insolvenz.


2002@Der Patriot

Der Stadtwald-Tiergarten schließt. Unvergesslich bleibt Löwe Dino, der über viele Jahre den Lippstädter Norden zusammenbrüllte.


2003@Der Patriot

„Bausünden“ wie das neue Südertor Carree veranlassen einen Lippstädter, seiner Tochter den Beruf des Sprengmeisters zu empfehlen.


2004@Der Patriot

Festakt: Stadt übernimmt Bataillonspatenschaft. Wenig später platzt die Bombe: „Bundeswehrstandort Lipperbruch wird bis 2006 aufgelöst.“

2005@Der Patriot

Starkes Stück: Viele Jahre mussten Lippstädter für gelbe Säcke zahlen (50 Cent pro Rolle). Aber zu Unrecht! Das Land rügt die Stadt.


2006@Der Patriot

Lippstadt bewirbt sich für die Landesgartenschau – mit Hauruck. Tja: Den Zuschlag erhält das viel besser vorbereitete Rietberg.


2007@Der Patriot

Eine Lippstadt-Beschimpfung im Heimatkalender ist nicht böse gemeint, sondern harmlose Satire. Trotzdem folgt ein empörter Shitstorm.


2008@Der Patriot

Strandbad-Randale: 50 Polizisten sind nötig, um am 1. Mai eine ganze Serie von Schlägereien am Alberssee unter Kontrolle zu bringen.


2009@Der Patriot

Bestechung von Fußballern, Trainern und Schiris: Lippstädter ist in einen gewaltigen Wettskandal verwickelt – und muss lange in Haft.


2010@Der Patriot

Hinterm Doppelmord in Störmede steckt die Russen-Mafia. Die Täter waren offenbar aus dem Ausland angereist und werden nicht ermittelt.


2011@Der Patriot

Ein rosa Anstrich fürs kleinste Holzschwein provoziert so viele Schmähungen, dass die Stadt es schnell wieder braun überpinseln lässt.


2012@Der Patriot

Polizist bremst EM-Autokorso deutscher Fans in Lippstadt aus. Nach Italien-Siegen kurvt der Einwanderer-Sohn aber selbst im Korso mit.


2013@Der Patriot

Ein Einkaufszentrum am Güterbahnhof wurde seit 2003 massiv gepusht. Doch Lippstadts angebliche „letzte Chance“ endet als Rohrkrepierer.


2014@Der Patriot

Üble Raserei: Ecke Marktstraße/Cappelstraße schleudert ein Auto aus der Kurve. Passant rettet sich grade noch mit einem Sprung zur Seite.


2015@Der Patriot

Kühne „Vision 2025“. Ein Nationalspieler soll in wenigen Jahren sagen: „Ich habe beim Drittligisten SV Lippstadt das Kicken gelernt.“


2016@Der Patriot

Stühle und Aschenbecher fliegen bei Massenprügelei auf dem Lippstädter Rathausplatz durch die Luft. 57 Fußballfans rasten völlig aus.


2017@Der Patriot

Verzockt. Zinswetten mit der WestLB kommen Lippstadt teuer zu stehen. Die Stadt legt Klage ein, muss am Ende aber sechs Millionen zahlen.


2018@Der Patriot

Technische Mängel: Der hochgelobte Lippstädter Gesamtschul-Neubau heizt sich schon morgens um 9 unangenehm auf. Keiner will schuld sein.


2019@Der Patriot

Offiziell lädt Lippstadt zur 93. Herbstwoche. Es ist aber erst das 87. Fest. Grund für die fehlerhafte Nummerierung: zwei alte Zählpatzer.


2020@Der Patriot

Taxifahrer beklagen im Januar Einbußen, weil es in Lippstadt nur noch eine Disco gibt. Ernsthafter bergab gehts ab März: Corona ist da.


2021@Der Patriot

Drehspießwende: 2013 war Lippstadt noch Gyros-Mekka. Döner? Nur eine Nische. Acht Jahre später hat man die Wahl zwischen 19 Dönerbuden.


2022@Der Patriot

1944 waren mehr als 800 Ukrainer (zumeist Frauen) in Lippstadt: als Zwangsarbeiter. Nun sind wieder rund 800 hier: als Kriegsflüchtlinge.